«In Pasta mit weissem Trüffel könnte ich baden!»

Seit mehr als zwanzig Jahren ist die gebürtige Baslerin Anet Corti als Schauspielerin, Kabarettistin und Komödiantin auf Schweizer Bühnen unterwegs. Im Fernsehen SRF war sie als Lisa Sterchi im «Kassensturz» und moderierte die Sendung «Selbstgemacht». Christa Rigozzi hat die Absolventin der Scuola Dimitri und bekennende Intuitivköchin getroffen.  


Anet, wie würdest Du Dich in drei Worten charakterisieren? 

(lacht) Auf nüchternen Magen? (denkt nach) Kabarettistin-Komödiantin. Positiv. Verspielt. 


Und eine Nervensäge? 

Nur im Stück, das ich zur Zeit im Casino-Theater Winterthur spiele. Es gibt die Hauptnervensäge, die spiele nicht ich, aber im Verlauf des Stücks wird dann jede Figur mal eine. «Die Nervensäge» ist eine spritzige, französische Krimi-Komödie, die von Geschwindigkeit und Slapstick lebt. 


Das Stück hast Du mit anderen auf die Bühne gebracht. Und Deine eigenen Sachen? 

Damit bin ich immer wieder unterwegs. Das letzte Programm «Echt? - Über Halbwissen und harte Fakten» habe ich im Teamwork mit André Küttel geschrieben. 


Was inspiriert dich zu Deinen Texten und Charakteren? 

Aktuelle Probleme der Gesellschaft und meine eigenen Erlebnisse und Erfahrungen. Die Anregungen sind überall. Wie wichtig diese Inspirationsquellen sind, habe ich beim Schreiben von «Echt» gemerkt. Im Coronalockdown sass ich allein zu Hause vor dem Computer und hatte einen Schreibstau. Als wir das Stück dann spielten und mich das Leben draussen wieder hatte, habe ich es überarbeitet. Da sind dann ganz neue Akzente dazugekommen. 


Wann und wie schreibst Du?  

Wenn ich nicht unter unmittelbarem Ablieferungsdruck bin, stehe ich am Morgen auf, schalte alles aus, was mich stören könnte, und schreibe stundenlang. Wenn allerdings eine Deadline naht, bin ich abends ab 17.00 Uhr bis in die Morgenstunden am produktivsten. 


Wie lange arbeitest Du an einem Bühnenprogramm?

Von der ersten Nummer bis zur Première etwa ein Jahr. Aber gedanklich beschäftige ich mich schon viel früher damit. Für das Programm, mit dem ich im Herbst 2025 Première feiern will, sammle ich bereits jetzt Ideen für den «roten Faden». Das braucht Zeit. Dazu will ja auch die Première organisiert und die Tournee mit vielen Terminen und Lokalitäten vorbereitet sein. 


Wird eine echte Komödiantin auf echten Brettern dann überhaupt noch gefragt sein? 

Du meinst, ob Künstler wie ich und Moderatorinnen wie Du eines Tages von künstlicher Intelligenz überflüssig gemacht würden? Ha, das hoffe ich doch! Dann wird mein Programm von KI & AI & Co. gespielt, die Kasse klingelt an fünf Orten gleichzeitig und ich kann gemütlich zu Hause auf dem Sofa sitzen und endlich einmal ein Buch fertig lesen. 


Scherz?! 

Was denkst Du denn? Ich bin überzeugt, dass sich der Mensch nicht ersetzen lässt. Das Theater, wie wir es kennen, wird einen neuen Aufschwung erleben. Wenn sie schon aus dem Haus gehen, wollen die Menschen Menschen sehen, die schwitzen und sich auch mal versprechen. Künstliches gibt es in unserer digitalen Welt schon genug, und es ist leider nicht immer intelligent.


Was gibt Dir ein Bühnenauftritt? 

Wenn er gelingt, gibt er mir Energie und macht mir auch unglaublich viel Freude. Ich liebe es, Geschichten zu erzählen und das Publikum daran teilhaben lassen. Wenn dieser Austausch funktioniert, wenn die Menschen realisieren, dass es ihnen ja gleich geht wie mir, dann hat sich der kreative Stress gelohnt. 


Welches Deiner Programm war Dein bestes? 

Es gab in jedem Elemente, die mir ans Herz gewachsen sind. Gewisse Passagen in meinem ersten Opus «DBAÖ – Du bisch au öppert» halte ich heute noch für eine Superidee. Zum Beispiel die Selbstfindungsübung nach dem Motto «Wenn Dich tut das Leben treten, musst Du fest dagegen kneten»; da habe ich mit dem Publikum mit Knetmasse modelliert. Es war eine Materialschlacht sondergleichen, aber ich fand es richtig lässig.


Was war das Schlimmste, das Dir auf einer Bühne passiert ist? 

Es war nicht einmal eine Bühne, sondern eine Eckbank in einer Beiz an der Generalversammlung eines Dachdeckerverbands, auf die ich mich für ein paar Pausenfüller während des Essens stellen musste. Ich begann mit einem Text, in dem ein Vögelchen vorkam. Die männlichen Zuhörer – Frauen deckten damals noch keine Dächer ... - interpretierten diesen Ausdruck aber anders als er gemeint war und ich realisierte, dass dieses Publikum jede meiner mitgebrachten Nummern zweideutig aufgenommen hätte. Ich versteckte mich auf der Toilette und habe seither nie mehr das Ende eines Gigs so herbeigesehnt wie damals. 

Und das Schönste?  

In nachhaltiger Erinnerung ist mir ein Besuch mit der Compagnia Dimitri im Paraplegikerzentrum in Nottwil. Ich fand es beklemmend, vor körperlich beeinträchtigten Patientinnen und Patienten Akrobatik- und Bewegungstheater zu machen. Umso grösser war die Freude, als das Publikum uns und unsere Show von Minute eins an voll akzeptierte und genoss. Die berührende Stimmung damals werde ich nie vergessen. 


Was liebst Du am meisten an Deiner Arbeit? 

Dass Anet Corti keine One-Woman-Show ist. Es sind die Interaktionen mit dem Publikum, die mich immer wieder motivieren, und das Teamwork mit Kolleginnen und Kollegen. Mit ihnen agiere ich in vielen Formaten, etwa in der «Bingo-Show» von Beat Schlatter, oder damals mit dem Duo Lapsus. Es ist eine Win-Win-Situation, wenn Profis zusammen spielen, weil man dann die doppelte oder dreifache Energie ins Spielen bringen kann. 


Mit welchen Kolleginnen und Kolleginnen arbeitest Du am liebsten? 

Mit allen, deren kreative Wege ich auf oder hinter der Bühne gekreuzt habe, würde ich’s wieder machen. Mit Fabienne Hadorn, die in zwei meiner Programme Regie führte. Mit Lapsus sowieso, und mit Beat bin ich ja nach 20 Jahren immer noch unterwegs. Und auf den «Bundesordner» freue ich mich jedes Jahr. Dieser Jahresrückblick hat nun seit 15 Jahren seinen festen Platz im Programm des Casinotheaters Winterthur. Anfangs Jahr kommen wir Einzelkämpferinnen und -kämpfer zusammen, stellen innerhalb von zehn Tagen ein Programm zusammen und geniessen es, dieses dann während acht Wochen zusammen auf der Bühne zu spielen. 

  

Lernst dabei Du von jüngeren Kollegen? Oder sie von Dir? 

Die Jungen haben einen anderen Erfahrungsrucksack als ich. Viele sind Standup Comedians und haben ihre Erfahrungen in kleinen Clubs gemacht. Sie sind fixer, schreiben schneller und sind rascher auf dem Punkt und in der Situation als ich, vor allem die Slam Poets. Da kann ich von ihnen lernen. Mein Plus ist die gründliche Ausbildung in fast allen Sparten unseres Metiers mir die Dimitri-Schule in Verscio mitgegeben hat. Ich muss mir die Dinge zwar mehr und länger überlegen, dafür tue ich es ganzheitlich: Wie würde ich etwas bildlich umsetzen? Mit Bewegung? Mit Musik? Oder beidem?  


Welches war das schönste Kompliment, dass Du je bekommen hast? 

Wenn mir Leute lange nach ihrem Besuch in meiner Vorstellung sagen, sie müssten immer wieder an eine Pointe denken, die sie bei mir gehört hätten. Die sei jetzt ein geflügeltes Wort bei ihnen zu Hause. 


Und nun zum Thema Gastronomie. Bist Du ein Genussmensch? 

Unbedingt! Ich geniesse gerne.


Vor dem Genuss kommt ja noch das Kochen. Wie steht es damit? 

Ich koche gerne, allerdings nicht nach Rezept, sondern intuitiv. Ich schaue, was im Kühlschrank ist und improvisiere. Fleisch ist nicht so meins, zweimal im Monat reicht. 


Und wie hältst Du’s mit dem auswärts Essen?  

Das geniesse ich auch sehr – im Restaurant, aber auch, wenn mich jemand bekocht. 


Wie muss ein Restaurant sein, damit Du dich wohlfühlst? 

Es soll mich willkommen heissen. Das fängt bei einer freundlichen Bedienung an. Das Visuelle sollte stimmen, ich schätze schöne Dekorationselemente mit verspielten Details. Und das Essen mag ich einfach, aber frisch und geschmackvoll. Was mich in die Flucht treibt, ist Salat, der in der Sauce schwimmt. 


Hast Du ein Lieblingsrestaurant? 

In meiner Heimatstadt Basel war ich erst kürzlich wieder im Teufelhof; den finde ich super. Und in Zürich trifft man mich oft im Les Halles am Escher-Wyss-Platz. Dort ist immer eine tolle Stimmung!


Welches Restaurant noch auf Deiner «bucket list»?

Tanja Grandits auf dem Bruderholz. Ich war einmal in ihrem Laden und habe ihr Buch mit vegetarischen Rezepten gekauft. Aber gegessen habe ich dort noch nie. 

 

Welches ist Dein Lieblingsgericht? 

Teigwaren mit einem Hauch weissem Trüffel darüber gerieben. Darin könnte ich baden!


Gibt es etwas, was Du gar nicht issest? 

Leber. Da schüttelt es mich; der Geschmack ist nichts für mich.  


Und Dein Lieblingsgetränk? 

Ich habe mir angewöhnt, viel Wasser zu trinken. Aber zu einem feinen Rotwein bei einem guten Essen sage ich nie Nein.

  

Wie hältst Du’s mit dem Frühstück?  

Ich wäre – wäre! - eine grosse «Zmörgelere» mit allem Drum und Dran, aber meistens kann ich diese Leidenschaft nur am Wochenende ausleben. Unter der Woche reicht es manchmal nicht einmal zu einem Müesli, dann bleibt’s bei einem schnellen Kaffee. 


Beim Essen: «Tête-à-tête» oder Tavolata? 

Sehr gerne «tête-à-tête» mit meinem Partner, und ich bin auch Fan einer grossen Tavolata. Ich liebe spontane Einladungen, aber in unserer Zeit sind ja alle immer lange im Voraus verplant, und da bleibt die Spontaneität oft auf der Strecke. Im Sommer veranstalten wir Gartenfeste. Ich liebe es, viele Menschen um mich zu haben. habe gerne ein offenes Haus.

 

Welche Erinnerungen hast Du an Essen in Deiner Kindheit? 

Mein Mami kocht wunderbar und sehr kreativ. Zum Beispiel hat sie einen Apfelkuchen mit einem karamellisierten Zuckerguss und einer zarten Crèmefüllung kreiert. Wir nannten ihn den Sonntagskuchen. Unglaublich fein! 


Mit welchem Rezept überraschest Du Deine Freunde? 

Mit «Fisch im Fisch nach Anet-Art»! Das ist ein ganzer Fisch mit Champignonfüllung und vielen Kräutern in einem Blätterteig, den zum Fisch forme. Ich richte ihn auf einer Platte in Fischform an und garniere ihn mit Zitronen. Das Auge isst mit! 


Mit wem würdest Du gerne einmal Abendessen gehen? 

Mit dem belgischen Musiker STROMAE. Er ist ein Performer, der mich fasziniert. Er komponiert, produziert, designt seine Kleider, schreibt die Texte, singt und inszeniert. Ein vollkommener Künstler, und berührend als Mensch.


Wirfst Du für uns zum Schluss noch einen Blick in die Zukunft?  

Ab Oktober werde ich wieder mit «Echt?» unterwegs sein. Ich bringe es gerade auf den neuesten Stand, denn am 16. Dezember trete ich damit am Humorfestival in Arosa auf. 



Anet Corti ist Schauspielerin, Kabarettistin und Komödiantin. Geboren wurde sie im Jahr der ersten Mondlandung in Basel, aufgewachsen ist sie in Muttenz BL. Nach ihrer Ausbildung an der Scuola Teatro Dimitri war sie Mitglied der Compagnia Teatro Dimitri. Seit der Jahrtausendwende ist sie mit eigenen Bühnenprogrammen («DbaÖ», «Echt?», «OPTIMUM», «win-win») und Projekten wie dem «Bundesordner» im Casinotheater Winterthur oder der Bingo-Show von Beat Schlatter unterwegs. In ihren Bühnenfiguren reflektiert sie den Alltag, kritisch, aber immer liebevoll-komisch. anetcorti.ch


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