Wir Hobby-Köche
Wenn sich Männer am Keramikherd zum Kochclub formieren, würde man annehmen, dass sich ihre mit zunehmendem Weissweinkonsum angeregter fliessende Unterhaltung hauptsächlich um Rezeptvarianten, Menuzutaten, Rüstmethoden, Küchengeräte und Garzeiten dreht. Oder dass die Möchtegern-Stuckis neue Küchentricks preisgäben, Einkaufstipps austauschten, die Sinnhaftigkeit von Bio-Labels diskutierten oder Pfannenbeläge beurteilen würden. Doch weit gefehlt!
Schon beim Apéro im Wintergarten kreist das Gespräch der Hobby-Köche hauptsächlich um die professionelle Gastronomie und ihre Performance. Einer schildert anschaulich, wie er im Restaurant «Krötenhalle» kürzlich mit vierzehn Kollegen vom Gesangsverein anderthalb Stunden auf eine vertrocknete Grillbratwurst und einen Salat ohne Sauce habe warten müssen. Ein anderer berichtet empört von einem telefonisch reservierten, bei der Ankunft aber bereits vergebenen Tisch in der «Binninger Kanne». Und ein Dritter mutmasst des Langen und Breiten darüber, wie lange es wohl den Stand mit Grillen, Heuschrecken und anderen Insekten in der «Berta»-Foodstreet noch gebe. So geht es während des gesamten Koch-Events weiter. Statt die unvergleichliche Samtheit der Sauce Mousseline des Vorkochs gebührend zu würdigen, die ganze Aufmerksamkeit dem idealen Garpunkt der gefüllten Kalbsbrust in der Verantwortung des clubeigenen Fleischtigers entgegenzubringen oder die Struktur der Orangenzesten des Dessertverantwortlichen einer kritischen Begutachtung zu unterziehen, werden über den dampfenden Pfannen Restauranttipps, Schlemmerinformationen und Wirtewechselspekulationen ausgetauscht. Eigentlich ist das nichts als logisch, denn wer sich als Mann an den Kochherd stellt, braucht Inspiration. Und die holt er sich sinnvollerweise in der Beiz. So kommt es denn, dass auch in unserer Hobby-Küche die neueste Ausgabe von Fine To Dine immer irgendwo greifbar ist. Schliesslich brauchen wir nach dem Espresso und dem Grappa eine Idee, in welcher Bar wir diesmal das Schlummerbier hinter die Binde giessen können. Roger Thiriet