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Christa: Wo habt ihr euch kennengelernt?
Jonny: 1999 am Lehrerseminar in Zug. Ich war ein seriöser Schüler und liebte klassische Musik.
Manu: Und ich war ein Rocker mit langen Haaren und brannte für Heavy Metal.
Jonny: Wir hätten verschiedener nicht sein können.
Wie seid ihr dennoch Freunde geworden?
Jonny: Auf der Bühne. Im Rahmen unserer Lehrerausbildung hatten wir auch ein Aktionsmodul und ich sah Manu im Stück «Der zerbrochene Krug». Er spielte nicht einmal die Hauptrolle, gleichwohl aber alle an die Wand.
Manu: Und Jonny bewarb sich in der Rolle eines russischen Offizier für ein schulinternes Amt. Ich habe Tränen gelacht. Ja, es hat tatsächlich auf der Bühne gefunkt.
Wie würdet ihr euren Humor beschreiben?
Jonny: Schon als Kind habe ich gemerkt: Wenn ich mich körperlich nicht wehren konnte, machte ich einen Witz. Humor entwaffnet. Die Strategie war erfolgreich; ich wende sie heute noch an.
Manu: Mein Humor funktioniert eher über meine Körpersprache.
Jonny: Wenn du Lehrer imitiert hast, habe ich mich köstlich amüsiert.
Apropos: Wer von euch lacht häufiger während eines Auftritts?
Jonny: Ich. Wir mussten unlängst eine Nummer abbrechen, weil Manu etwas machte, was ich in über tausend Shows noch nie gesehen habe. Ich ging zu Boden, japsend.
Manu: Jonny ist schneller bei der Improvisation. Aber wenn wir im Flow sind und das Publikum mitmacht, probieren wir beide gerne ungeplante Sachen. Das führt manchmal zu richtigen «Lachflashes».
Seht ihr euch manchmal auch als Konkurrenten?
Manu: Am Anfang nicht. Wir waren erfolgreich als Duo, hatten Freude aneinander und an dem, was wir zusammen kreierten.
Jonny: Als wir dann vollberuflich Comedy zu machen begannen, stimmte es für mich zeitweise nicht mehr. Ich war der Typ «humorlos-strenger Weissclown» …
Manu: … und ich durfte den dummen August spielen, herumblödeln und von der Bühne fallen. Das hat dich frustriert.
Jonny: Aber dann habe ich mir gesagt, dass das Publikum schon zu Laurel und Hardys Zeiten genau über diesen Kontrast gelacht hat.
Ihr seid in den sozialen Medien witzig und lustig. Könnt ihr überhaupt ernst?
Manu: Eine positive Ausstrahlung ist mir wichtig, deshalb will ich auch auf meinen Social Media-Kanälen die Menschen mindestens zum Schmunzeln bringen. Aber das Nachdenkliche kommt schon auch zum Ausdruck.
Jonny: Halt eher wenn wir einzeln auftreten und damit aus der Divertimento-Rolle treten, in Podcasts zum Beispiel oder bei Interviews. Da schimmert unsere andere Seite oft durch.
Manu: Wir haben überhaupt gemerkt, dass die Menschen nicht nur die Comedians sehen und hören wollen, sondern durchaus einmal die Menschen Jonny Fischer und Manuel Burkhart.
Aktuell spielt ihr euer sechstes Programm. Ist «Bucket List» wirklich euer letztes?
Manu: Ja, unser Schwanengesang quasi. Aber keine Angst: Wir singen noch ein paar Jahre!
Jonny: Der Entscheid stimmt für uns; über den Zeitpunkt der Kommunikation haben wir allerdings diskutiert. Wir haben mit Spitzensportlern gesprochen, die ihr Karrierenende vor dem letzten Wettkampf publik gemacht haben. Die machten sich extrem Druck, weil man ja nach einem schlechten Resultat nicht vom Rücktritt zurücktreten kann.
Manu: So könnten wir auch nicht sagen, das nächste Programm wäre besser, wenn uns «Bucket List» nicht gelungen wäre. Auch deshalb war die Vorbereitungsphase für diese Show die schwierigste der letzten 25 Jahre.
Werdet ihr die Bühne vermissen?
Manu: In dieser grandiosen Dimension wie bei den Hallenstadiongigs 2015 sicher. Ich werde aber die Bretter, die uns so lange die Showbusinesswelt bedeutet haben, wieder suchen. Sei es als Musiker oder mit etwas ganz anderem.
Jonny: Ich bin einfach stolz drauf, was Manu und ich geschaffen und erreicht haben. Wir waren Lehrer und haben nie eine Komikerkarriere angestrebt.
Manu: Was daraus geworden ist – nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Fernsehen und mit den vielen Auszeichnungen –, macht uns dankbar. Es ist megaschön zu sagen, dass wir etwas für unsere Branche Einmaliges fertiggebracht haben.
Nun aber zur «Bucket List». Weshalb gerade dieses Thema?
Jonny: Auf eine solche Liste setzt man bekanntlich alles, was man im Leben noch einmal machen möchte. Manu als gelernter Pantomime wünschte sich zum Beispiel schon immer eine Nummer in dieser Ausdrucksform. Und ich als ausgebildeter Sänger träumte im Grund seit Beginn unserer Zusammenarbeit von einer a capella-Einlage.
Manu: Wir haben uns also gefragt, welche Wünsche wir uns in den vergangenen zwanzig Jahren nicht erfüllt haben, weil wir uns nicht getraut haben oder Angst hatten, dass das den Leuten nicht gefällt. Und diese Bucketliste arbeiten wir nun in einem Abend ab.
Eure körperliche Leistung dabei ist beachtlich. Wie schafft ihr das überhaupt?
Manu: Gute Frage! Wir schärfen uns zwar beim Schreiben jedesmal ein, nicht die krassesten physischen Nummern zu kreieren. Und jedes Mal brennt dann die Fantasie mit uns durch.
Jonny: Die Leute lachen am lautesten, wenn man übertreibt und dem Affen Zucker gibt. Aber dieses Mal haben wir gespürt, dass wir seit dem letzten Programm fünf Jahre älter geworden sind. Manchmal stehen wir am Tag nach der Vorstellung auf und spüren alle Knochen und jeden Muskel.
Ihr wollt «Bucket List» noch viele Jahre spielen. Weshalb nicht bis zum 30-Jahr-Jubiläum Eures Duos?
Jonny: Dann bin ich 50 und das wäre ein idealer Zeitpunkt für den Start in einen neuen Lebensabschnitt. Und Manu und ich wären seit 30 Jahre ein Team. Aber wir legen uns da nicht fest. Wir spielen, solange die Leute Freude an uns und wir Spass am Auftritt haben.
Manu: Inzwischen tragen wir unserem zunehmenden Alter immerhin insofern Rechnung, dass wir die Anzahl der Auftritte allmählich reduzieren. Man bleibt spritziger und motivierter, wenn man nicht 100 oder mehr Auftritte pro Jahr bestreiten muss. So können wir auch noch ein Jahr oder zwei länger fit bleiben und spielen.
An welches Programm in eurer 25-jährigen Karriere erinnert ihr euch am liebsten?
Manu: Ich denke noch oft an die Highlights von «Sabbatical», das wir 2016 bis 2021 gespielt haben. Das war sackstark, bunt und schräg, und am Schluss ausgereift wie kein anderes.
Jonny: Für mich war es «Plan B», weil es unseren Durchbruch bedeutete. Wir haben es zwischen 2008 und 2011 dreissig Mal im Volkshaus Zürich gespielt und das war der Moment, wo ich gespürt habe: Wir können das ganz grosse Rad drehen.
Wie wird das grosse Divertimento-Finale aussehen?
Jonny: Wir werden jetzt oft gefragt, ob wir zum Schluss noch einmal das Hallenstadion füllen wollen wie 2015. Aber erstens ist das noch eine Weile hin und zweitens wissen wir noch nicht, ob wir nochmals eine derart grosse Kiste stemmen wollen. Ginge das schief, wäre es das Letzte, was die Menschen von Divertimento in Erinnerung behalten.
Manu: Jonny tendiert eher zum anderen Extrem. Letzthin hast du gesagt, wir sollten zum Abschluss zurück zu unseren Anfängen und in Lokalen wie dem Burgbachkeller Zug vor 120 Leuten auftreten.
Die Grundsteine für eure «Solo»-Karrieren habt ihr ja schon gelegt mit Moderationen, Bandauftritten und Büchern.
Manu: Gut, als Rocker werde ich das Hallenstadion nicht mehr füllen. Der Bildungssektor würde mich interessieren; Präventionsarbeit gegen Mediensucht bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zum Beispiel. Ich habe eine Familie zu ernähren und brauche einen Plan.
Jonny: Ich habe überhaupt noch keinen. Nach dem letzten Auftritt werde ich wohl zwei Wochen heulen und dann sagen: Voilà, das war’s! Dann werde ich es geniessen, nicht schon wieder 15 neue Verträge zu haben und die nächsten Termine anstehen. Da ich keine familiären Verpflichtungen habe, kann ich mir dieses Privileg leisten.
Wäre eine Karriere als Winzer ein Plan?
Jonny: Mein Mann Michael Angehrn ist ausgebildeter Sommelier, deshalb habe ich einen engen Bezug zu Weinen. Ich habe meine Kenntnisse auf diesem Feld auch beim Spitzenwinzer Martin Donatsch aus Malans vertieft. Önologie soll aber ein Hobby bleiben.
Haken wir noch eure private Bucketlist ab. Was steht da zuoberst?
Jonny: Ich führe grundsätzlich keine To-do-Listen. Je älter und reifer ich werde, desto mehr will ich im Moment leben und das machen, wonach mir gerade der Sinn steht. Ich will keiner von denen sein, die auf dem Sterbebett Dingen nachtrauern, die sie sich haben entgehen lassen. Im Vordergrund steht derzeit für mich, dass ich bis Ende Jahr ganz gesund und gut mit mir unterwegs bin.
Manu: Mit meiner Verpflichtung als Vater und Ernährer liegt die Priorität klar bei der Familie. Es ist klar, dass sich deshalb manche Items auf meiner Bucketliste hartnäckig halten. Die meisten drehen sich um Reisen. Ich möchte noch einmal in meinem Leben nach Ostafrika, wo ich schon dreimal auf Safari war. Und auf jeden Fall einmal nach Los Angeles an die grösste Gitarren-Messe der Welt.
Ich vermisse auf Euren Listen «Mehr Zeit zum Kochen»!
Manu: Ich koche eigentlich gern, aber im Moment fehlt mir die Musse. Ich habe so viele Leidenschaften, für die ich zu wenig Zeit habe. Die Küche figuriert nicht unter den Top Ten.
Jonny: Am Montag, wenn wir beide frei haben, bekoche ich jeweils meinen Mann. Nach Rezept, nach Gefühl oder nach dem, was gerade im Kühlschrank ist.
Was wäre das in euren Haushalten?
Manu: Bei Burkarts Salat und Rahm. Zum ersten Mal kann ich die Gemüseschublade aus dem Ertrag des eigenen Gartens füllen. Und ich sorge dafür, dass immer Mayonnaise da ist.
Jonny: Gemüse, Eier, Weisswein und Champagner hat es immer. Fertigprodukte nie, auch keine Mayonnaise … Das Uncoolste für mich ist Senf.
Was esst ihr am liebsten?
Jonny: Das ändert immer wieder. Was ich schon als Kind heiss geliebt habe, ist Käsefondue. Dafür bin ich heute noch jederzeit und in jeder Situation zu haben.
Manu: Mamas Vitello tonnato. Sie macht es anders als die Restaurants, schneidet das Kalbfleisch dicker und komponiert eine unvergleichliche Thon-Mayonnaise-Sauce darüber. Schmatz!
Und welches ist euer Lieblingsgetränk?
Manu: Mineralwasser mit Kohlensäure.
Jonny: Wein natürlich. Im Moment gerne einen Chardonnay aus dem Burgund.
In welche Restaurants zieht es euch immer wieder?
Jonny: Jederzeit in den Alten Torkel in Jenins.
Manu: Kennt ihr McDonald’s in der Industriestrasse Regensdorf? Nein, Scherz! Ich habe kein Lieblingsrestaurant, aber ich probiere gerne indische Lokale aus. Derzeit ist das Tamarind Hill in Oerlikon mein Favorit.
Wie frühstücken Divertimento?
Jonny: Ich bin der italienische Typ – ein Doppio Espresso und ein Glas Wasser, und «off we go!».
Manu: Ich bin auch nicht der Zmörgeler. Dieses Brötchen-, Konfitüre-, Eier- und Aufschnitt-Gedöns ist mir zuwider. Meine Frau Michèle hingegen bruncht gern.
Jonny: Du hast einmal im 2003 mit mir ein Raclette zum Frühstück gegessen.
Manu: Oh ja, damit habe ich schon viele schockiert. Ich liebe es halt morgens richtig salzig.
«Tête-à-tète» oder «Tavolata»?
Jonny: Beides. Wenn wir auf Tour sind und dauernd viele Leute um uns herum schwirren, freue ich mich auf ein Essen allein mit meinem Mann. Wenn wir dann aber zwei Wochen allein in den Ferien waren, fühle ich mich am grossen Zwölfertisch pudelwohl.
Manu: Ich mag lieber das Tête-à-tète im intimen Rahmen, am liebsten allein mit meiner Frau oder höchstens mit einem befreundeten Paar. An einem grossen Tisch fühle ich mich überfordert. Ich möchte mit allen geredet haben und habe beim Heimgehen das Gefühl, nicht allen gerecht geworden zu sein.
Was oder wo möchtet ihr unbedingt noch einmal essen?
Manu: Ich war im Frühling in der Familie in Thailand und habe in Ko Samui ein Streetfood-Restaurant entdeckt, typisch thailändisch mit weissen Plastikstühlen und den Füssen im Dreck. Da habe ich das beste Paneng Curry meines Lebens gegessen. Aber ich würde es wohl nicht mehr finden.
Jonny: Michis und mein grösster Ausgabenposten sind Auswärtsessen. Es gibt kein Sternerestaurant in der Schweiz, das ich nicht besucht habe. Und in jedes würde ich nochmals gehen.
Schliessen wir das Gespräch mit der Frage nach der besten Idee Eures bisherigen Lebens!
Manu: Ich bin dankbar für die Entscheidung, den Lehrerjob an den Nagel gehängt zu haben, und mit Jonny das Risiko von Divertimento eingegangen zu sein. Wir haben beide so viel gelernt voneinander als Menschen und als Professionals. Die beste Idee meines Lebens überhaupt war aber das Ja zu meiner Frau Michèle und dass ich mit ihr eine Familie gegründet habe; auch wenn die mich immer wieder an den Rand der Verzweiflung bringt (lacht).
Jonny: Der Entschluss, mit 16 Jahren nach Zug ins Lehrerseminar zu gehen, war wohl meine beste Idee. Dort hat mein Leben begonnen, dort habe ich Manu getroffen, dort habe ich viele meiner langjährigen Freundschaften geschlossen und meinen Horizont um so vieles erweitert, was Leben heisst. Als ich Michi kennenlernte und nach einem Monat schon mit ihm zusammenzog, hielt ich das allerdings zuerst für einen grossen Fehler. Aber es hat sich als meine beste Idee ever herausgestellt!
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Jonny: Ich möchte in jeder Situation eine heitere Gelassenheit bewahren und alles locker nehmen können.
Manu: Dem schliesse ich mich an. Es ist eine Herausforderung, gibt es doch immer wieder Dinge und Situationen, die einen aus der Bahn werfen können.
DIVERTIMENTO:
Unter dem Namen Divertimento sind die Schweizer Comedians Jonny Fischer (*1979) und Manuel Burkart (*1977) seit 2001 auf den Schweizer Showbühnen sowie in Radio und TV unterwegs. Ihre Shows kombinieren Stand up-Comedy, situative Possen, satirische Songs und erzählte Witze mit Mimik, Sprachvarianten und Wortspielen. Die ausgebildeten Lehrer haben im Verlauf ihrer 25-jährigen Karriere unzählige Preise erhalten, darunter mehrfach den Prix Walo, den Swiss Comedy Award sowie Platinauszeichnungen für ihre DVD-Verkäufe. Seit 2007 sind sämtliche Shows des Duos jeweils innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, darunter zwei Auftritte vor 17'500 Zuschauern im Zürcher Hallenstadion (2015). Seit Herbst 2023 sind Divertimento mit ihrem sechsten abendfüllenden Programm «Bucket List» auf Tournee. cabaret-divertimento.ch